Anfang der 2000er Jahre schrieb der damalige Ortsvorsteher
Willi Stahl einige Eckpunkte zur Entstehung und Entwicklung von
Wehbach zusammen. Mit Stand etwa um 2002 ist der Text alles
andere als aktuell, soll jedoch hier unverändert für die
Nachwelt erhalten bleiben.
Ursprüngliche
Fundstelle: https://argewe.lima-city.de/wewa2/w-orte/wehbach/wehbach.htm
Wehbach, Entstehung und Entwicklung
Strukturwandel, Infrastrukturen im Laufe der Jahrhunderte in
Industrie und Gewerbe bis in die heutige Zeit.
Gemarkung, Gemeinde, Ort, kulturelle Ereignisse
Entstehung:
Der Name Wehbach wurde bereits im Jahre 1406 erstmals erwähnt,
wo es heißt: "Die von Wehbach", die zum niederen Adel gehörten!
Topographisch liegt der Ort in einer relativ engen Tallage an
der Asdorf, die Hänge sind weitgehendst bebaut und besiedelt.
Trotzdem ist Wehbach an den Ortshöhen von ca. 83 % Waldflächen
umgeben, die viele Wandermöglichkeiten erlauben.
Seit 1471/72 sprach man von der Huyt zoe Vehbach, ein Vorläufer
der späteren Friedrichshütte, und einem Hüttenzins, der in
Gulden zu entrichten war. Welche Hütte gemeint war, ist
historisch nicht genau belegt.
Graf Gerhard von Sayn belehnte den Bastard Gondert von Sayn mit
Haus und Hof zu Wehbach um 1466. Die ersten Ansiedlungen von
Wehbach, teilweise Vehbach genannt,aus dem Jahre 1406 gehen auf
den ältesten Ortsteil Niederasdorf zurück, wo dieser bereits
1423 – 1473 im Siegener Urkundenbuch nachgewiesen ist.
2 km von der Mündung der Asdorf in die Sieg, soll es sich in
Wehbach um 2 Höfe und 4 Feuerstellen gehandelt haben, ohne die
Höfe und Feuerstellen auf dem Grindel und im Rusloch.
Das wohl älteste bekannte Haus in Fachwerkbauweise wurde in
Niederasdorf um 1610 errichtet und war und ist im Besitz der
Familie Ermert worin die älteste Bürgerin von Wehbach, Helene
Ermert, bis 2 Jahre vor ihrem Tod gelebt hat. Das Haus ist in
einem gut erhaltenen Zustand. Frau Helene Ermert verstarb am
12. November 2002 im Alter von 95 Jahren im Seniorenheim.
Die Gemeinde Wehbach entwickelte sich in der Gemarkung Wehbach
vom Buchenhof bis zum Brühlhof, angrenzend bis zur Freusburger
Mühle durch ständig wachsendes Gewerbe und vor allem
landwirtschaftlichen Strukturen.
So tauchen auch in den Ortsteilbezeichnungen immer wieder die
Hinweise auf Höfe, wie Buchenhof (gehörte zur Gemeinde
Hüttseifen), Brühlhof oder die Bezeichnungen Hütte in der
Region, z. B. Fischbacherhütte, Kircherhütte u.ä. auf.
Die wichtigste strukturelle Entwicklung wurde sicherlich ab
1817 bis um 1870 durch die Anlegung der Provinzialstraße
(Koblenz – Olper - Straße, als spätere L 280), die sich durch
das Asdorftal von Kirchen durch den Ort Wehbach bis Freudenberg
zog, erreicht. Inzwischen ist ab 1987 die neue L 280 als
Umgehung in Betrieb genommen worden, über die in 14 km
Entfernung die Autobahn A 45 (Sauerlandlinie), zu erreichen
ist.
Ab 1896 kam die Eisenbahnlinie hinzu. Durch diese wichtigen
Verkehrswege war die Gebietserschließung des Ortes Wehbach
gegeben, Wehbach erhielt eine Bahnstation, den Bahnhof Wehbach.
Die industrielle und gewerbliche Entwicklung des Ortes sowie
der Gemeinde Wehbach schritt der damaligen Zeit gemäß, stetig
fort.
1839 gründete Carl Daniel Stein aus Kirchen die Friedrichshütte
Wehbach, das "Blechwalzwerk Abt. Carl Stein Wehbach". Um die
Jahrhundertwende 1900 gab es bereits ein SM – Stahlwerk, ein
Blockwalz-, Groblech-, Mittelblech-, sowie ein
Feinblechwalzwerk. Später wurde daraus ein qualitativ
leistungsfähiger Betrieb, der bis 1967 hochwertige
Stahlprodukte für die Automobilindustrie, den Landmaschinenbau,
Maschinenbau, Kessel- und Turbinenbau (Polbleche) sowie für den
Einsatz geeigneter Sondergüten der Bundesbahn und Bundeswehr
herstellte, die weltweit zum Einsatz kamen. Der Name "Stein
–Extra" für extra gerichtete Bleche hatte Weltruf. Die
Erzeugniszahlen erreichten Spitzenwerte von 10.000 to pro
Monat, bestehend aus 38 Stahlgüten.
Durch die Übernahme der Friedrichshütte in die
"großmütterlichen Ruhrbetriebe der Hoesch - Werke" konnte die
Produktion nicht aufrecht erhalten werden, so dass sich am 30.
September 1967 für immer die Tore schlossen.
Hüttendirektor Dr. Ing. Walter Roland wohnte 1944/45 in
Wehbach. Er war maßgebend an der Entwicklung der
Panzerstahlgüte beteiligt, die für den damals größten deutschen
Panzer, den "Tiger – Panzer", eingesetzt wurde. Dr. Roland
wurde auch fälschlicherweise "Panzer Roland" genannt. Sein Buch
"Bewegte Zeiten", im Seewald Verlag Stuttgart erschienen,
beschreibt den beruflichen Werdegang diesen deutschen
Hütteningenieurs.
In der Villa, wo er und vor und nach ihm die Werksdirektoren
wohnten, als letzter Direktor Dipl. Ing. Helmut Moritz, ist
seit 2001 die "Seniorenresidenz Villa Moritz" von einem
Freudenberger Pflegedienstunternehmen, mit ca. 15 modernen
Pflegeplätzen, eingerichtet worden.
Wehbach bestand aus 9 Ortsteilen wie Buchenhof, Niederasdorf,
Gerberei, Kircherhütte, Grindel, Am Riegel, Jungenthal,
Brühlhof und Teilen der Bebauung der Kirchener Au.
Auf dem Buchenhof entstand 1895 – 1924 die Aktiengesellschaft
Dampfbierbrauerei, Aktienbrauerei Cronrath, die 1924 durch
einen Großbrand vernichtet wurde.
In der Gilsbachstraße errichtete die Familie Morgenschweiß eine
Gerberei und Ringofenziegelei mit etwa 35 Beschäftigten. Später
kam ein großes Sägewerk hinzu. 1992 wurde auf diesem Gelände
der Wehbacher Dorfplatz durch die Ortsgemeinde Kirchen
eingerichtet, wo Feste aller Art gefeiert werden können.
Im Ortsteil Gerberei errichtete die Familie Otto Kraemer 1875
ebenfalls eine Gerberei zur Herstellung von Sohlleder, 40
Personen konnten beschäftigt werden. Aus den Haubergsbetrieben
kam die zum Gerben der Tierhäute erforderliche Eichenlohe.
Ferner wurde in diesem Ortsbereich von 1899 an die Leder- und
Treibriemenfabrik Ernst Jung, Inh. Karl Siebel, eröffnet, wo 50
Beschäftigte ihr Brot verdienen konnten.
Die Sieg Rheinische Maschinen- und Lokomotivfabrik befand sich
ebenfalls im Ortsteil Gerberei, (heute DEA – Autoport und ein
Großmarkt) wo 1916 bis zu 150 Arbeitskräfte, mit einem hohen
weiblichen Anteil, beschäftigt waren. Dort wurden unter anderem
im 1. Weltkrieg Kartuschen für Granaten gedreht.
Im Jungenthal, benannt nach dem Gründer der Lokomotivfabrik
Arnold Jung, Sohn des Gustav Jung, wurden Lokomotiven ab 1895
bis 1959 der verschiedensten Baureihen und hochwertige
Maschinen gefertigt, die in der Welt ihren bedeutenden Platz
einnahmen. Die Beschäftigungszahlen betrugen von 1885 – 25 –,
über 1500 im Jahre 1920, 1957 – 1300 -, und zuletzt 1993 noch
300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Die heimischen Großbetriebe der damaligen Zeit, wie
Friedrichshütte Abt. Carl Stein und Fa. Arnold Jung GmbH ließen
ganze Straßenzüge mit Werkswohnungen für ihre Belegschaften
errichten.
Aber auch die Gerberei Kraemer errichtete Wohngebäude in der
Nähe der Betriebe. Die Wohngebäude stehen heute noch in gutem
Zustand in den Ortsteilen Wehbach, Gerberei und Brühlhof und
wurden weitestgehend von privaten Nutzern erworben.
Im Ort Wehbach entwickelte sich mit dem industriellen
Fortschritt auch die Infrastruktur und so waren bis 1942 in der
Gemeinde knapp 3000 Bürger und Bürgerinnen ansässig. Über 1200
ausländische Internierte und Kriegsgefangene der
verschiedensten Nationen, wie Franzosen, Belgier, Russen,
Ukrainer, Polen und Italiener arbeiteten zu dieser Zeit in den
Wehbacher Industriebetrieben.
1941/42 wurde durch die NSDAP – Leitung in Kirchen die
Ortsgemeinde Wehbach der inzwischen strukturell verarmten
Millionärs - Ortsgemeinde Kirchen zwangsweise zugeordnet, gegen
den Willen der Wehbacher.
Die o.a. Infrastruktur in den Zeiten bis 1942 war bereits
begleitet von einem traditionellen gemeinschaftlichen
Kulturleben.
Bereits 1868 wurde der Männergesangverein Wehbach, heute
"Singkreis 1868 Wehbach", 1900 der Turnverein Wehbach e.V.,
später VfL Wehbach, gegründet, 1912 der Musikverein und daneben
die kirchlichen Vereine, wie die Kirchenchöre beider
Konfessionen, der Kolping- und KAB – Verein, Mütterkreise, der
Schützenverein "St. Peter" Wehbach-Wingendorf und der seit 1993
in Wehbach ansässige Verein der Sportschützen Grindel 1952 e.V.
Keiner der genannten Vereine leidet an Strukturschwächen und
die Gründerjahre vermittelten noch heute den sicheren Bestand.
Detaillierte Daten und Fotos sind den umfangreichen
Jubiläumsfestschriften der Vereine zu entnehmen.
Die Ortsgemeinde Wehbach verfügt seit 1927 – 1930 über eine
eigene Kriegsopfergedenkstätte und einen eigenen Friedhof.
Im Jahre 1936 wurde mit dem Bau des Freibades zwischen
Niederasdorf und Gerberei unter dem damaligen Bürgermeister
Karl Lotz begonnen und im August 1938 eingeweiht. Das Freibad
verfügt über die olympischen Maße, ein 50 m Schwimmbecken mit
Sprungturm von 3, 5, und 10 m Höhen. Dies hatte zur Folge, dass
1938 die deutsche Kunstspringer Olympiamannschaft von Berlin
1936 in Wehbach ihr Trainingslager einrichtete. Später waren
auch 2 Sportler vom Brühlhof, Wilhelm und Hiltraud Biermann,
Mitglieder dieser Mannschaft. Die deutschen
Schwimmmeisterschaften wurden 1942 in Wehbach ausgetragen.
Das Freibad wird heute vorbildlich durch einen ehrenamtlichen
Förderverein, im Bäderzweckverband Kirchen-Betzdorf, geführt.
Die Leistungen der Wehbacher Vereine können sich sehen lassen.
Leistungsklassen im Bereich Deutsche Meisterschaften des VfL
Wehbach, wurden erreicht.
Der "Singkreis 1868 Wehbach" mit seinen über 65 Sängerinnen und
Sängern, erreichte in der Bundesrepublik, in St. Petersburg,
Moskau, Washington, Chikago, bis Nebraska in den USA, sowie
Wien, Budapest und Rom im Petersdom und in der Sixtinischen
Kapelle, höchste Auszeichnungen für erfolgreich vorgetragenes
Liedgut. Der Singkreis steht unter der Führung des Präsidenten
Dr. h.c. Hans Urrigshardt und seinem musikalischen Leiter,
Herrn Musikdirektor FDB Michael Rinscheid.
Die musikalischen Leistungen des Musikverein Wehbach nehmen
einen gebührenden Platz in den Leistungsvergleichen des
Musikverbandes Rheinland-Pfalz ein.
Nach dem industriellen Niedergang der Schwerindustrie und der
Maschinenbauindustrie in den 60iger Jahren, so auch der
Friedrichshütte ab 1967, war es nicht leicht, Ersatzgewerbe und
Industrien in den traditionsreichen Gebieten anzusiedeln.
Auf dem renovierten Gelände der ehemaligen Friedrichshütte sind
im Laufe der letzten 10 Jahre ca. 300 neue Arbeitsplätze durch
Ansiedlung von Gewerbe- und Handwerksbetrieben entstanden, die
Hoffnung für die Zukunft vermitteln. In der Gilsbachstraße
haben sich eine Schreinerei und ein Maschinenbetrieb
angesiedelt.
Der Ort Wehbach verfügt über Lebensmittelgeschäfte, ein
Backhaus, eine Metzgerei und Zeitschriftengeschäfte,
Getränkemärkte, 4 Gaststätten und 2 Hotels, die auch die
kommunikativen Bereiche, neben der Versorgung der Bevölkerung,
abdecken.
Die Leistungen der kirchlichen Aktivitäten beider Konfessionen
sind in der Dorfbevölkerung akzeptiert und anerkannt. Mussten
doch die Wehbacher Christen beider Konfessionen frührer in die
Pfarreien zu allen Anlässen nach Kirchen gehen, so verfügt die
katholische Kirchengemeinde Wehbach seit 1933 über ein eigenes
schönes Gotteshaus "St. Peter". Die evangelischen Christen
haben seit 1952 ein eigenes Gotteshaus, die "Christuskirche",
so können kirchliche Anlässe jeder Art im Ort Wehbach in
Anspruch genommen werden. Die vielseitig praktizierte
ökumenische Arbeit wirkt sich positiv aus.
Die gewerblichen Einrichtungen wie Anstreicher, Schreinerei und
Maurerbetriebe, oder eine Tankstelle "DEA – Autoport" und eine
Post und Sparkassenzweigstelle der Kreissparkasse Altenkirchen
stehen den Bürgern und Bürgerinnen zur Verfügung, ebenso eine
Arztpraxis und eine Apotheke.
Bis 1969 gab es in Wehbach noch ca. 36 Geschäfte und
Handwerksbetriebe.
Die Grundschule "Adolf-Kolping-Schule" nimmt 4 Klassen der
Grundschüler und eine Vorschulklasse auf. 2 konfessionelle
Kindergärten bieten ca. 100 Kindern einen Platz.
Im Ortsbezirk Wehbach sind z. Zt. 381 Häuser und 27 Straßen
(Stand 30.06.2002) aufzuzeigen. Neubaugebiete im Bereich
Buchenhof und "in den Bitzen" sind den Bürgern in den letzten
10 Jahren angeboten und in Anspruch genommen worden.
Eine gut funktionierende "Freiwillige Feuerwehr" und eine DRK –
Bereitschaft ist in Wehbach auf hohem Ausbildungsstand seit
über 70 Jahren vorhanden.
Das Bürgerhaus bietet den Bürgern die Möglichkeit, Vereins- und
Familienfeiern und Sitzungen durchzuführen, hierzu wird auch
die vereinseigene VfL – Turnhalle für Konzerte, ca. 300
Sitzplätze, in Anspruch genommen.
Der Ort –Ortsbezirk Wehbach- zählt z. Zt. 1252 Einwohner, Stand
31.05.2002, darunter sind auch ca. 9 % ausländische Mitbürger
und Mitbürgerinnen problemlos integriert worden.
Trotz aller positiven Darstellungen über den Ort Wehbach und
den Aktivitäten einiger hundert Bürger und Bürgerinnen, Alt und
Jung, bleibt noch viel zu tun, um dem Ort eine ihm gebührende
Prägung, der Tradition verpflichtend, zu geben.